Der FC Rot Weiß hat heute in der Aalener Ostalb-Arena das vielleicht beste Spiel des Jahres geboten, verpasste aber dennoch den ersten Saisonsieg.
Mancher gängige Glaubenssatz wurde heute erschüttert. Etwa dieser: „Glück hat nur der Tüchtige“! Denn tüchtiger, besser, taktisch und läuferisch überlegener als heute, war der RWE seit vielen Monaten keinem Gegner mehr. Das es dennoch nicht zum erhofften ersten Saisonsieg reichte, lag an der mangelnden Verwertung von rund einem halben Dutzend glasklarer Torchancen.
Aber der Reihe nach. Erfurts Trainer Krämer wartete eingangs mit einer dicken Überraschung für die zahlreich mitgereisten Fans auf. Denn als Vertreter des gesperrten Kapitäns Möckel lief nicht der angekündigte Neuhold auf, sondern Laurito stand nach Monaten plötzlich und unvermittelt auf dem Platz. Außerdem wieder dabei: Routinier Brückner, der die linke Abwehrseite besetzte.
Von Beginn an setzte Rot-Weiß den Gastgeber unter Druck, betrieb schon in der gegnerischen Hälfte ein aggressives Forechecking und stand hinten felsenfest. Nachdem Kammlott in den Anfangsminuten schon einige Male am Aalener Tor angeklopft hatte, bot sich ihm in der 34. Minute eine nahezu tausendprozentige Chance zum Führungstor. Nach einem schweren Abspielfehler in der Gästeabwehr spritzte er in gewohnt cleverer Manier dazwischen, angelte sich den Ball, scheiterte aber freistehend an Aalens Torwart.
Ein Torjäger von seiner Qualität muss den reinmachen"
Stefan Krämer zu der Chance von C. Kammlott in der 34. Minute
Statt den Keeper „auszuwackeln“, versuchte Kammlott ihn zu tunneln, was gründlich daneben ging. Doch es gab keine Vorwürfe seiner Kameraden. Die Mannschaft marschierte vielmehr unbeirrt weiter, fraß sich förmlich in den Gegner rein und bot im Spiel gegen den Ball eine überragende Vorstellung. Aalen kam damit nicht zurecht, hatte keine Linie und beging immer wieder Fehler im Spielaufbau. Auch wenn Morys, der einzige bei den Süddeutschen mit Normalform, ein, zwei ansprechende Szenen hatte, so konnte man zur Pause schon von einem glückliche Remis für Aalen reden.
Nach dem Wechsel, kaum das vier Minuten gespielt waren, die nächste dicke Chance für Kammlott. Wieder war es ein Abwehrschnitzer der Hausherren, eine zu kurze Rückgabe, die Kammlott erlief, aber erneut vergab er in aussichtsreicher Position. Auf der Gegenseite sorgte Morys für Aufregung, doch sein Schuss, eine der wenigen Bälle, die unsere Hintermannschaft bis dato passieren ließ, wurde eine Beute von Torwart Klewin (50.). Dann wieder Erfurt. Nach klugem Anspiel des emsigen Biankadi, versemmelte Razeek aus kürzester Entfernung die nächste Riesenchance (53.). Obwohl Rot-Weiß die deutlich bessere Mannschaft war, schlug das Schicksal nur wenige Sekunden nach dieser Szene grausam zu. Wie aus dem nichts gingen die Gastgeber urplötzlich in Führung. Welzmüller traf aus annähernd 25 Metern mit einem satten Schuss, der vom Innenpfosten ins Netz sprang. Klewin ohne Chance (55.). Die Erfurter Spieler dadurch ins Mark getroffen. Wie entsetzlich war dieser Rückstand. Wie unverdient. Der Trainer behielt seine Zuversicht und brachte mit Huth für Ludwig einen weiteren Offensivmann. Und der hatte nur Sekunden nach seiner Einwechslung die nächste ganz dicke Möglichkeit. Aber als wenn alle Mächte sich gegen den RWE verschworen hätten, parierte Aalens Keeper Bernhardt mit einem Hechtsprung den wuchtigen Kopfball von Huth. Es war fast zum Verrücktwerden. Als Erfurt alles auf eine Karte setzte und Angriff auf Angriff fuhr, plötzlich wieder einmal die Gastgeber. Bär scheiterte aus 10 Metern am überragend reagierenden Klewin. Und weiter ging die wilde Fahrt, die Jagd nach dem Ausgleich, der in der 87. Minute schließlich doch noch glückte. Ecke Menz (die 12. gegenüber 7 für den VfR), Kopfball Laurito, Bernhardt wieder mit einem Superreflex auf der Linie, doch dann staubte Razeek ab. Das längst überfällige 1-1, es war endlich geschafft. Oder doch nicht? Denn in der Nachspielzeit traf der auf Aalener Seite spät eingewechselte Trianni sogar noch die Latte des Erfurter Tores. Doch dann war Schluss.
Wir haben ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht, nur die Chancenverwertung hat nicht gestimmt“.
Stefan Krämer
Erfurt hat uns mächtig zugesetzt und nimmt den Punkt verdient mit
Peter Vollmann, Trainer des VfR
Nach dieser Leistung, in einem hochklassigen Spiel, bei der ein Sieg für Erfurt mehr als verdient gewesen wäre, kann unsere Mannschaft mit großem Selbstbewusstsein in zwei Wochen in das Thüringen-Derby gehen.
Statistik
Tore: 1:0 Welzmüller (55.), 1:1 Razeek (88.)
VfR Aalen : Bernhardt - Geyer, Müller (70. Traut), Rehfeldt, Schulz (46. Schorr) - Welzmüller, Stanese,
Preißinger (61. Trianni), Morys - Bär, Schnellbacher
Rot-Weiß Erfurt: Klewin - Odak (86. Lauberbach), Laurito, Dabanli, Menz - Razeek, Ludwig (63. Huth), Biankadi, Brückner (75. Kurz), Benamar - Kammlott
Zuschauer: 3.892
Spielverlauf anzeigen 26.08.2017 \ 1. Mannschaft